Vielleicht hast Du ja in unserem Shop schon Ausschau nach Bio-Kaffee gehalten – fündig bist Du nicht geworden. Hm? Ich erzähle Dir, warum nicht! Als die Rösterei vor fast 30 Jahren gegründet wurde, gab es Bio auch schon. Natürlich nicht in dem heutigen Ausmaß, aber immerhin. Thomas Bögl beschloss, sich in seiner Entscheidung für den Kauf der Bohnen, auf die Qualität zu verlassen und fand diese durchwegs bei kleinen Kaffeebauern. Diesen kleinen Farmern bin ich treu geblieben – auch, wenn sie kein Bio- oder Fair-Trade-Zertifikat haben.
Du fragst Dich jetzt möglicherweise, warum gerade diese kleinen Kaffeebauern nicht biologisch arbeiten? Sie tun es in den allermeisten Fällen, da Dünger und Spritzmittel teuer sind und sie sich auf ihre traditionellen Arbeitsweisen und Erfahrungen verlassen können. Und warum sind sie nicht zertifiziert? Nun ja, weil Bio- und Fair-Trade-Zertifikate ebenfalls Geld kosten und sich gerade die kleinen Farmer dies nicht leisten können. Das können nur größere Unternehmen, die oft nicht familiär geleitet sind und viele Angestellte haben. Nun kennst Du den Grund, warum ich dem Bögl-Gründer in seiner Devise voll vertraue und mein Kaffee dennoch oft „bio“ ist, auch wenn’s nicht draufsteht…
Ich achte wie seit den Anfängen der Rösterei auf die Qualität der Bohnen und nicht auf die gekauften Zertifikate. Der Rohkaffee ist demensprechend um fast doppelt so teuer wie qualitativ minderwertige Bohnen. Doch das Ergebnis und die Arbeit der Kaffeebauern sind mir das wert.
Bio- und Fair-Trade-Kaffee: Was ist der Unterschied?
Biologisch produzierte Lebensmittel nennen wir kurzerhand „bio“. Diese Lebensmittel kommen alle aus der ökologischen Landwirtschaft. Was sich „bio“ nennen darf, ist keinesfalls willkürlich, sondern gesetzlich festgelegt. Ökologisch kontrollierter Anbau, Verzicht auf Gentechnik sowie chemische Pflanzenschutzmittel, Kunstdünger oder Klärschlamm – all das und noch viel mehr fällt unter diese Richtlinien. Aber: Fünf Prozent nicht ökologisch erzeugte Zutaten sind erlaubt, um immer noch den Namen „bio“ zu tragen.
Fair-Trade bedeutet nichts anderes als „fair gehandelt“. Was ist allerdings unter „fair“ zu verstehen? Die Dachverbände schreiben sich als Konsens „Dialog, Transparenz und Respekt“ auf die Fahne – das Ziel soll mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel sein. Problematisch für Kleinbauern sind jedoch wie bei der Bio-Zertifizierung die hohen Kosten, um das Fair-Trade-Siegel zu erlangen. Kritiker bemängeln gerade die drei Grundsätze – den Ärmsten wird demnach nicht geholfen, die Transparenz ist fragwürdig sowie die Definition des Begriffs selbst.
Somit lässt sich kurz und bündig sagen – Bio zielt auf die ökologische Produktion von Kaffee ab und Fair-Trade auf mehr Gerechtigkeit im Internationalen Handel. Beide Auszeichnungen sind für die kleinen Kaffeebauern oft finanziell nicht tragbar – und gerade der Fair-Trade-Begriff ist schlecht nachvollziehbar.
Was genau ist eigentlich Bio-Kaffee?
Nach unseren Verständnis ist Bio-Kaffee Kaffee, der biologisch angebaut wurde: Kein chemischer Dünger, keine chemischen Pflanzenschutzmittel. Ende. Kleine Kaffeebauern können sich meist weder das eine noch das andere leisten und müssen es auch nicht: Den Dünger stellen sie selbst her – aus dem Fruchtfleisch der Kaffeekirsche. Damit wird ein vermeintliches Abfallprodukt aufgewertet und findet erneut in den Produktionskreislauf. Die generationenalten Familienbetriebe sind reich an Erfahrung und arbeiten seit Zeiten, in denen es noch gar keine chemische Substanzen hab.
Eine Bio-Zertifizierung ist ein langwieriges Unterfangen: Es kann bis zu drei Jahre dauern, bis die Produktion des Kaffeebauern als „bio“ anerkannt wird. Dieser bürokratische und finanzielle Aufwand ist für viele kleine Farmer oft nicht leistbar. Um die Arbeit zu erleichtern, schließen sich manche Kaffeebauern in Kooperativen zusammen – auch manche Bögl-Kaffee-Sorten stammen aus solchen Vereinigungen. Damit wird den Farmern der Zugang zu Krediten, Technik und Düngemitteln erleichtert – eine Bio-Zertifizierung ist aber oft dennoch nicht drin.
Und auch wichtig: Die Bio-Zertifizierung der Kaffee-Herkunftsländer entsprechen keineswegs den doch recht nachvollziehbaren EU-Normen. „Bio“ bedeutet also in Kolumbien, Äthiopien oder Indien möglicherweise was anderes als in europäischen Ländern. Ach, ein echt kniffliges Thema!
Vorteile von Bio- und Fair-Trade-Kaffee
Ganz ehrlich? Ich kann keine Vorteile erkennen, außer vielleicht ein reines Gewissen, ein biologisches und fair gehandeltes Produkt konsumiert zu haben. Schön wäre es! Ich bin auch völlig überzeugt von den Ansätzen des Bio- und des Fair-Trade-Gedankens – mich fasziniert aber auch die Theorie des Kommunismus… Natürlich wäre eine Welt schön, in der keine Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kämen, in der kein Mensch geknechtet würde. Aber darum geht es bei den Zertifizierungen ja nicht mal!
Ein Beispiel: Eine liebe Bekannte produziert ihre eigene Marmelade aus den Früchten ihres eigenen Gartens. Das ist natürlich „bio“ vom Feinsten, auch wenn es nicht draufsteht, weil für ihre kleinen Chargen natürlich kein Zertifikat möglich ist. Du kannst sie jederzeit besuchen, weil sie einen kleinen schnuckligen Hofladen hat. Jetzt bist Du dran: Würdest Du ihr einen Bio-Preis bezahlen – auch wenn kein Siegel auf ihrem Marmeladenglas prangt?
Warum sollte man eigentlich Fair-Trade-Kaffee trinken?
Die Wörtchen „man“ und „eigentlich“ lassen mich die Stirn runzeln. Butter bei die Fische, bittschön! Wie Du inzwischen schon direkt in den Zeilen gelesen haben dürftest, bin ich von Bio und Fair Trade nicht restlos begeistert – wegen der Zertifizierung, die sich viele Kleinbauern eben nicht leisten können und die auch noch lange nichts über den tatsächlichen Bio- oder Fair-Trade-Zustand des Betriebs aussagen. Ja klar ist die Idee im Ansatz lobenswert – wenn sie jedoch nicht nachvollziehbar ist, ist sie meiner Meinung nach hinfällig.
Kriterien für Bio- und Fair-Trade-Kaffee
Wie wir alle wissen, wächst Kaffee nicht in unseren Breitengraden. Kein EU-Land exportiert Kaffee in nennenswerten Mengen. Wir beziehen unsere Bohnen aus den besten Anbaugebieten aus aller Welt: Mittel- und Südamerika, Ostafrika und Indien. Hier gelten andere Biostandards als in der EU. Wie bereits erwähnt – die Ansätze bezüglich Bio und Fair-Trade sind sicher lobenswert – die Umsetzung ist aber ein anderes Thema. Ich halte mich lieber an die Expertise meines Großhändlers Rehm, der die kleinen Kaffeefarmer und Kooperativen kennt – und eben auch weiß, dass besagte Zertifikate oft unerschwinglich sind.
Biologische Ernte: Picking vs. Stripping
Die Kaffee-Ernte ist eine spannende Sache: Je nach Anbaugebiet werden die Kaffeekirschen zu unterschiedlichen Zeiten von der Pflanze genommen. Und es ist durchaus möglich, dass ein und dieselbe Pflanze gleichzeitig Blüten und Früchte trägt. Es gab Zeiten, da erntete man Kaffee insofern, als dass man die bereits angetrockneten Kaffeekirschen vom Boden auslas. Das macht man heute nicht mehr, da Planbarkeit und Qualität entscheidende Kriterien sind. Heute konzentriert man sich auf zwei Methoden: Picking und Stripping.
„Picking“ heißt übersetzt ganz einfach „Pflücken“. Die Pflücker ernten mit der Hand die ideal reifen Bohnen. Und „Stripping“ meint ganz einfach das Abstreifen – nicht von knappen Höschen, sondern von ganzen Rispen. Dabei wird allerdings nicht darauf geachtet, ob die einzelnen Kaffeekirschen reif sind, da wird alles mitgenommen – auch unreife und überreife Früchte. Das geschieht nicht zwingend per Hand, hier ist auch maschineller Einsatz möglich. Damit ist diese Methode nicht besonders ökonomisch – aber auch nicht ökologisch. Zum einen wird das ganze Blattwerk der Pflanze mit abgestreift. Zum anderen fallen die Früchte oft auf den Boden, wo sie zu gären anfangen und die Qualität des Kaffees enorm beeinträchtigen. Stripping ist also günstiger als Picking – aber guter Kaffee wird mit dieser Methode nicht in der Tasse landen.
Der Transport von Bio-Kaffee
Von vorn: Biologischer Kaffee meint Kaffee, der unter ökologischen Bedingungen angebaut wurde. Was passiert, nachdem die Bohne im Kaffeesack gelandet ist, fällt nicht mehr unter das Bio-Zerfitikat. Und wie kommt Kaffee aus aller Welt ins beschauliche Deutschland? Meist mit dem Schiff. Und diese unglaublich großen Containerschiffe trinken jede Menge Diesel auf ihrem Weg über die Weltmeere. Da brauchen wir uns nichts vormachen – Genussmittel aus Übersee sind niemals ohne schlechtes Bio-Gewissen konsumierbar. Darum meine Empfehlung: Lieber einen echt guten Kaffee genießen, anstatt literweise schlechte braune Brühe trinken…
Schonende Röstung
Kaffee aus der Privatrösterei Bögl wird von mir höchstpersönlich in einem 60 Jahre alten, völlig analogen Trommelröster geröstet. Pro Charge kommen 15 Kilo rohe Bohnen in die Rösttrommel – heraus kommt zwölf Kilo feinster Kaffee. Das Ganze dauert etwa 15 Minuten. Dieser beschauliche Vorgang sieht in der Industrieröstung ganz anders aus. Über 90 Prozent des Kaffees in Deutschland wird von fünf großen Röstereien produziert, die allesamt industriell arbeiten. Innerhalb von zwei Minuten wird eine Bohne mit größter Einwirkung von Hitze geröstet und anschließend mit Wasser heruntergekühlt. Das wirkt sich selbstredend auf die Qualität aus. Darum wage ich zu behaupten, dass sich Kaffee, der in meinem Trommelröster geröstet wurde, nicht zu verstecken braucht: Die schonende Röstung macht ihn verträglich, das Aroma kann sich optimal entfalten.
Bio-Siegel gleich Fair Trade?
Diese Frage dürfte sich mittlerweile erübrigt haben. Bio ist nicht gleich Fair Trade. Biozertifizierte Lebensmittel wurden ökologisch angebaut. Und beim Thema Fair Trade geht’s um faire Handelsbedingungen.
Fazit: Die richtige Entscheidung
Ja, da ist es, das große Dilemma-Thema: Was ist richtig, was ist falsch? Ich kann diese Frage für Dich nicht beantworten – ich konnte Dich mit meinen Erfahrungen und meiner Meinung nur ein wenig informieren. Und: Ich kann Dir eins garantieren. Mit Bögl-Kaffee machst Du vieles gut. Du trinkst qualitativ hochwertigsten Kaffee – schonend geröstet von mir selbst auf meinem Trommelröster, der seit 60 Jahren gute Dienste tut. Der kommt von kleinen Kaffeefarmern oder Kooperativen, die sich zwar meist kein Bio- oder Fair-Trade-Zertifikat leisten können, dafür aber auf ihre Tradition bauen und oft seit vielen Generationen leben und überleben.
Dieser Beitrag ist meine persönliche Meinung, es ist kein Lobeslied über BIO und Fairtrade, es soll dir nur klar machen, dass man auch gleiche oder oft bessere Qualität ohne jegliche Zertifizierungen bekommt. Hierbei zählt das Vertrauen in den langjährigen Importeur und sein Vertrauen in die langjährige Zusammenarbeit mit den kleinen aber feinen Kaffeebauern. Der Geschmack und die sichtbar tolle Qualität des Kaffees ist nur das Ergebnis von einem langjährigen Zusammenspiel von Betrieben, die auf eben eins achten… die Güte und nicht nur die Zertifizierungen.